Unser Schachverein wird heute 75 Jahre alt
Heute auf den Tag genau wird unser Schachverein Berolina Mitte 75 Jahre alt! "Am 1. April 1949 schloß sich die Schachgruppe als Schachabteilung der BSG Eintracht 49 an." meldete der Schach-Express (Vorläufer der heutigen Zeitschrift SCHACH), Jahrgang 1949 auf Seite 159. Die damalige Meldung deutet zwar mit keiner Silbe auf unseren Verein hin, aber die zahlreichen Veröffentlichungen im Schach-Express und die Aufzeichnungen unseres langjährigen Vorsitzenden Werner Windmüller bestätigen das Gründungsdatum. Und ebenso das Amtsgericht Charlottenburg im Jahr 2004.
Die erwähnte Schachgruppe war die von Prenzlauer Berg, die damals zu den stärksten Schachklubs in Deutschland zählte. Auf welche Vereine die Schachgruppe zurückgeht, konnte ich bisher nicht ermitteln. Das Gründungsdatum kann also durchaus schon früher gewesen sein.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verboten die alliierten Siegermächte erst einmal sämtliche Vereine, um nazistische Strukturen zu zerstören. In den nachfolgenden Jahren wurden die Vereine wieder zugelassen, wobei nur in Westberlin die alten Vereine wiederauferstanden. In Ostberlin wurden stattdessen neue Vereine gebildet, deren Träger oft Betriebe waren. Wie bei uns, wo die Schachgruppe eine Sparte innerhalb der BSG Eintracht 49 wurde. Die Schachsparte spielte in der Kantine der Firma Aschinger, Saarbrücker Str. 36. Leiter war Eugen Natzmer, der selbst ein sehr starker Schachspieler war.
Ein Jahr nach der Gründung wurde die BSG Eintracht 49 in ZBG bzw. ZSG Werner Seelenbinder umbenannt und der Spielort auf den "Exer" (heute Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark) an der Cantianstraße verlegt. Ab etwa 1952 hieß die BSG Motor Mitte, aus der später die BSG Motor Berolina hervorging. Nach der politischen Wende 1989 blieben nur noch Kegeln und Schach in der BSG übrig. Die Kegler verabschiedeten sich einige Jahre später. Die Schachspieler blieben allein zurück und bekamen das ehemalige BSG-Vermögen. Am 1. April 2005 wurde der Schachverein Berolina Mitte gegründet. Das eigentliche Gründungsdatum 56 Jahre vorher wurde vom Amtsgericht nicht anerkannt, da wir keine Satzung von damals vorweisen konnten. Werner Windmüller hatte deswegen sogar den ehemaligen BSG-Vorsitzenden Schmidt kontaktiert - leider erfolglos.
Apropos Werner, der mit 93 Jahren immer noch Vereinsmitglied ist. Mit 22 Jahren wurde er 1953 Mitglied der Schachsparte. Der Klub spielte damals in seinem Betrieb. Und zwei Jahre später wurde er schon Vorsitzender. Das blieb er bis zum 1. Januar 2014 - also rund 59 Jahre lang!
Die Wichertstraße 9 (bzw. 9a) war von 1974 bis 1992 unser Spiellokal. Wir mußten die Räume dann verlassen und kamen beim "Zentrum der direkten Kommunikation" um die Ecke in der Greifenhagener Straße unter - gegenüber der Gethsemane-Kirche. Die Räume in der Wichertstraße standen jahrelang leer. Inzwischen gibt es dort seit mindestens 20 Jahren ein Waschcenter.
Zum Bild aus der Wichertstraße hier die vollständige Bildbeschreibung: "Wichertstr.9 in den 1970ern (?) - unter dieser Adresse war Berolina jahrzehntelang zu erreichen. Klaus Harm - er verließ kurz vor der Wende die DDR und lebt heute [2004] in Hamburg - kiebitzt bei Wolfgang Windmüller (links) und Matthias Knybba (auch Senator genannt). Hinten holt Raul Dybek zum Zug gegen einen unbekannten Gegner (wahrscheinlich Thomas Wünsche oder Bernd Wagner) aus."
Was ist aus ihnen geworden?
- Klaus Harm: Er trat vor einigen Wochen aus dem Verein aus. Er lebt schon einige Jahre wieder in Berlin.
- Wolfgang Windmüller: Er war noch bis zum 31.12.2012 Mitglied.
- Raul Dybek: Er war bis Januar 2008 Mitglied und lebt in einem Pflegeheim an der Wisbyer Straße.
- Matthias Knybba: Er war bis Ende 2017 Mitglied und mußte auf ärztliches Anraten mit dem Schachspiel aufhören.
- Thomas Wünsche: Nach der Wende spielte er kein Schach mehr.
- Bernd Wagner: Nach der Wende spielte er kein Schach mehr.
Frank Hoppe
Kommentare
Kommentar von Gerald |
Vielen Dank für die Recherche und den spannenden Beitrag!
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